Der 2. Juni

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Als ein gutes Menschenleben später das 1878 mißglückte Tête á Tête in der Berliner Oper mit einem Nachfahren des Schah von Persien nachgeholt werden sollte (echt keine Scheiße: wie damals stand 1967 “Die Zauberflöte” auf dem Programm), rüttelte ein Mob demokratiebewußter Jugendlicher an den Pforten des Musentempels, und in einer Seitenstraße schoß ein Zivilbulle einen flüchtenden Studenten in den Hinterkopf. Was Benno Ohnesorg, so hieß der Student, nicht überlebte und was ein paar Jahre später der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen (kurz: der Blues) zum Anlaß nahm, der von ihm und anderen Gruppen gegründeten tollkühnen Vereinigung den Namen jenes traurigen Tages zu geben.

Wie wir alle wissen, hat es der Schah auch nicht so gut getroffen. Er ließ noch ein paar Jahre recht lustlos herumfoltern und -morden, bis er im Exil – vom Krebs aufgefressen wurde. An Nobiling und die punktierte Schwarte des Kaisers aber dachte niemand/ fraud mehr.

Die tollkühne Vereinigung, jedoch entwickelte sich lustvoll und munter fort. Ihre Volkstümlichkeit ist länger legendär und manch großes und kleines Berliner Kind erinnert sich noch mit Vergnügen an den einen oder anderen Negerkuß aus den Händen der Bewegung – obwohl man doch nur die Miete einzahlen oder ein Konto eröffnen wollte.

Als sozusagen heimliche Vereinigung wurde die Bewegung dadurch populär, dass sie ausschließlich Spitzel proletarischer Herkunft in ihren Reihen duldete, dem zarten Blattgrün der Cannabis Indica immer schon äußerst aufgeschlossen gegenüber gestanden hatte (“Don´t legalize it – Smoke it”) und außer der hochprozentigen, keine Fahne so richtig ernst nahm.

Neben ihren Verdiensten um das Berliner Kultur- und Transportwesen sowie der Arbeiterernährung (durch massenhafte Raubdrucke von Eintrittskarten für Rockkonzerte, von Fahrscheinen – als Ausgleich dafür brannte die Schwarzfahrerkartei der Berliner Verkehrsbetriebe -, Kantinenbons von Siemens u.a.), sind als besondere Highlights das bis dato größte “Smoke-In” auf dem Olivaer Platz am Ku-Damm und die von Bandenhand geflickte Hose des damaligen Berliner CDU-Vorsitzenden, Peter Lorenz, zu nennen, der eigens zu diesem Behufe eine Woche lang kostenlos in einem Etablissement der Bewegung untergebracht worden war. Die Regierung war davon so gerührt, dass sie fünf GenossInnen aus dem Knast entließ und in den Jemen flog. Ehrenamtlich begleitet übrigens von Heinrich Alberts der 1967, zur Zeit der Ermordung Benno Ohnesorgs, Regierender Bürgermeister von Berlin und Gastgeber des Schah von Persien war.

https://haschrebellen.de/2juni

Song: Die Drei Tornados - 2. Juni

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